Lagotto Romagnolo

Italienischer Wasserapportier und Trüffelsuchhund

© Ingrid Behrens

aktualisiert 06.08.2013

Über Mina

Der unvergessene Tibet-Terrier Blacky begleitete uns ab Mitte der

70er fast 15 Jahre lang und unsere ebenso unvergessene Ayla verließ

uns erst fast 16-jährig, kurz nachdem unsere Pferde auf so tragische

Weise ums Leben gekommen waren.

Leer und öde erschien uns Haus, Hof und Leben ohne unsere vierbeini-

gen Freunde. Also musste ein Hund her, egal woher.

In den deutschen Tierheimen, die wir besuchten oder anriefen, gab es nur große Hunderassen und so etwas Wuscheliges, wie wir es uns wünschten, war nicht zu finden. Auch Recherchen im Internet brachten in deutschen Tierheimen keine Resultate und so erweiterten wir unsere Suche auch auf das europäische Ausland. Wir konzentrierten uns auf junge, mittelgroße Hunde und so stießen wir auf einen cremefarbenen Pudel mit orangefarbenen Ohren in einem Tierheim auf Malta

Bis auf Schopf und Ohren war der Hund bis auf die Haut geschoren.

Wir wollten eigentlich nie einen Pudel haben, aber irgendetwas an dem Blick des Hundes auf dem Internetfoto, der nicht besonders schön war, berührte uns. Also riefen wir die angegebene Telefonnummer an und stellten zu unserem Erstaunen fest, dass diese Hündin bereits in Deutschland in einer Pflegefamilie war und zwar keine 20 km entfernt von uns.Meina, wie sie dort gerufen wurde, lief dort mit vier weiteren Hündinnen, mehreren Katzen und vielen Kindern umher und verbellte uns lautstark als wir sie in Augenschein nehmen wollten. Dem Blick nach zu urteilen hatte sie mit Menschen bereits abgeschlossen und die Pflegefamilie berichtete von einigen Schnapp-Attacken, wenn man sich ihrem Hundekorb näherte.

Aus Meina wurde Mina, beides Namen, auf die sie nicht reagierte. Im Familienrat wurde beschlossen, dass sich alle konsequent an Minas Erziehung beteiligen mussten, ansonsten würden wir sie zurückgeben. Sie verhielt sich uns gegenüber dominant und aggressiv und hatte weder an Bällen, noch an anderem Spielzeug irgendein Interesse. Anscheinend hatte man sie in der Pflegefamilie nur mitlaufen lassen und sie weder gebürstet, noch die Pfoten, Po und Ohren kontrolliert, alles Pflegemaßnahmen auf die sie mit Knurren und Beißen reagierte. Welche schlechten Erfahrungen musste dieser Hund gemacht haben, um irgendwann die Schwelle  zu überschreiten und einen Menschen  zu beißen.

Sie wollte sich auch von mir nicht anfassen lassen. Ich hockte mich vor sie hin und lockte mit einem Hundekeks, den sie hurtig entgegennahm um sofort wieder zurückzuweichen. Nach dem dritten Keks hielt ich ihr meine geöffneten Hände hin und für eine Sekunde schmiegte sich ihr Kopf in meine linke Hand. Dieser Moment reichte aus um in mir den Gedanken keimen zu lassen „das könnte etwas werden“. Bevor wir sie zu uns holten, unternahm ich mit ihr vom Haus der Pflegefamilie aus kurze Spaziergänge. Am Ende der Woche begrüßte sie mich schon mit einem kurzen Wedler. Von Freude war jedoch nichts zu bemerken und auch die Art und Weise des „Spazierengehens“ hatte sich nicht im geringsten geändert. Kaum an der Leine, zog sie, die Nase am Boden, mich keines Blickes würdigend, von dannen, mich immer halb rennend im Schlepptau. Auch während des Spaziergangs nahm sie keinerlei Notiz von mir, sondern verfolgte mit tiefer Nase für mich unsichtbare Spuren. Ich wusste, dass es für uns, trotz unserer Erfahrungen mit den Tierheimhunden Blacky und Ayla, nicht einfach sein würde, zu diesem Hund eine Bindung aufzubauen.

Demonstrativ besetzte Mina Sofas, Sessel, Hocker etc. und verteidigte diese vehement so lange, bis wir sie mithilfe eines großen Kartons hinunter schoben. Wie in der Pflegefamilie praktiziert, wollte sie auch bei uns im Bett schlafen, was wir ihr aber nicht gestatteten. Sie bekam ihren Schlafplatz neben meinem Bett in einem komfortablen Kuschelkörbchen. Nach einer Woche betrachtete ich sorgenvoll dieses knapp 40 cm große und 12,5 kg schwere Ekelpaket. „Na, ja“, dachte ich, „auch grässliche Hunde brauchen jemanden, der sie liebt“, und so blieb Mina bei uns.

Eine schon seit langer Zeit ins Ohrinnere gewachsene Locke, mit braunen Absonderungen durchsetzt, hatte schon vor unserer Zeit zu einer Ohrentzündung geführt, die ebenso wie zwei entzündete Geschwüre, behandelt werden sollte. So saß ich knapp eine Woche nach Minas Übernahme mit der noch in Narkose liegenden Mina im Arm beim Tierarzt und hoffte, dass sie mich erkennen würde, wenn sie erwachte. Beglückt konnte ich feststellen, dass sie es nur auf die grünbekittelten  Tierärzte abgesehen hatte und diese mit dumpfen Löwengrollen anblaffte. Ein prüfender Blick der Tierärztin von oben am Tag der Nachkontrolle reichte aus um Mina angreifen zu lassen. Brüllend sprang sie die Tierärztin an und nur deren beherztem Zugreifens war es zu verdanken, dass es zu keiner Verletzung kam. Fortan bekam Mina schon vorher einen Maulkorb umgeschnallt und wieder machte ich mir Gedanken um meinen maltekischen Kampfpudel. Und immer wieder traf mich dieser unsagbar traurige Blick dieser kleinen Hündin.

Nach einiger Zeit hatte Mina gelernt, nicht nur das Sofa zu besetzen, sondern auch daraufsitzende Personen, meistens mich, als Schlafunterlage zu nutzen. Wenn sie es sich dann im Arm gemütlich gemacht hatte, schlief sie in wenigen Minuten, selig auf dem Rücken liegend, ein und nur beim Erwachen veranlasste sie mein ihr zugewandtes, sehr nahes Gesicht zu einem Knurren. Mit stundenlangem, geduldigem Streicheln habe ich ihr Knurren „weggestreichelt“, so lange, bis es nur noch ein kleines, wohliges Brummen war. Aber auch heute noch brummt sie bei jedem Hochheben und plötzliches Zupacken würde sie zu reflexartigem Schnappen veranlassen.

Anderen Hunden gegenüber verhält sich Mina immer tadellos. Geradezu verzweifelt zog es sie immer wieder zu anderen Hunden, wie um uns mitzuteilen, dass sie Hundegesellschaft brauchte.

Ebenso unwiderstehlich wirkten junge Frauen mit Kinderwagen auf Mina. Unbeirrbar zog sie in diese Richtung, bis sie Witterung aufnehmen konnte, um dann enttäuscht stehen zu  bleiben. Wir hatten den Eindruck, dass sie nach ihren früheren Besitzern suchte. Über Minas Herkunft gab es zwei Versionen, entweder war sie als ausgesetzter Streuner aufgegriffen worden oder stammte von einem Tiersammler, dem die Behörde seine 40 Hunde abgenommen hatte, um sie ins Tierheim zu bringen. Welche Geschichte der Wahrheit entsprach, konnten wir bis heute nicht ergründen, aber wir vermuten, dass sie lästig wurde, als sich bei den Besitzern Nachwuchs eingestellt hatte.

Bereits vierzehn Tage, nachdem wir Mina übernommen hatten, meldete ich uns zur Teilnahme am Grundlehrgang beim hiesigen Boxerclub an. Mürrisch trottete Mina hinter mir her und die Gehorsamkeitsübungen machten ihr offensichtlich kein Vergnügen.

Wir traten in den Pudelclub ein. Man warnte uns vor unserem ersten Erscheinen vor den zu erwartenden Mobbingversuchen der bereits etablierten Pudel, aber Mina brauchte nur dazustehen, was den anderen Pudeln genügte, um jegliches Mobbing zu unterlassen.

Am Agility-Training nahm Mina begeistert teil und so konnten wir langsam zu einem Team werden. Natürlich war es nicht zu übersehen, dass wir den hässlichsten aller Pudel hatten, -die Schnauze und das Kreuz zu breit und auch der grazile, trippelnde Gang des Pudels fehlte. Man tröstete uns mit einem Pudelfriseur-Gutschein und versicherte uns, dass alles in Ordnung käme, wenn erst mal das Pudelkrönchen und die langen Pudelohren herangewachsen wären.

Minas Anblick wurde nun ziemlich gewöhnungsbedürftig. Das von den langen Puschelohren eingerahmte Pudelkrönchen über den schon etwas grimmig, wenn nicht gar verschlagen blickenden Augen, wirkte völlig deplaziert.

Auch Minas Fell war so ganz anders als das der anderen Pudel. Trotz intensivstem Einsatz von Zupfbürsten und Striegeln erreichten wir nie die gewünschte Pudelkrause, sondern nach kurzer Zeit formte sich das Fell wieder zu den harten, fest eingerollten Locken, die so gar nicht pudelig wirkten.

Wie froh waren wir, als unser Sohn eines Tages berichtete, dass er soeben eine Sendung über eine seltene , italienische Hunderasse gesehen hätte, deren Namen er sich nicht habe merken können, die jedoch alle wie Mina ausgesehen hätten.

Unsere Nachforschungen ergaben, dass es sich bei Mina nicht um einen Pudel handeln konnte, sondern um einen Lagotto Romagnolo, einen italienischen Trüffelhund. So wurde aus einem hässlichen Pudel eine ganz passable Lagottohündin.

So kamen wir zum Lagotto Romagnolo, was wir bisher nie bereut haben.

Aus Mina ist mittlerweile eine verschmuste, liebevolle Hündin geworden, die uns überall hin gerne begleitet, Hauptsache, sie darf bei uns sein. Das Wedeln allerdings musste Mina erst lernen. Nun wackelt die ganze Mina, wenn sie sich freut und das kommt häufig vor. Dem Menschen in die Augen zu schauen hat sie auch erst später gelernt und nun ist sie so weit, uns stets freundlich anzuschauen, ganz besonders, wenn sie etwas von uns möchte. Da Mina auf

Mina verfügt auch über einige Reise-Erfahrung und war schon in Dänemark, Italien, Österreich und der Schweiz. Ganz besonders gerne reist Mina an die dänische Nordseeküste, wo sie mit Wonne, geschickt wie eine Gemse, auf den Felsen umher klettert oder vergnügt in der Brandung plantscht.

Sie fährt problemlos Auto und Zug und benimmt sich vorbildlich in Hotels und Ferienhäusern.

Neben Agility betreiben wir mit ihr Mantrailing und Objektsuche, was ihr große Freude macht, - und auch an Hunderennen hat sie schon teilgenommen.

Wir sind überzeugt davon, dass sich Mina inzwischen bei uns sehr wohl fühlt.

Auch an den ihr unbekannten Winter hat sie sich anscheinend gewöhnt.  

Nur bei erzieherischen Maßnahmen kann sie schon mal den „Muso“ bekommen, das ist der italienische Begriff für „beleidigt sein“. Als wir sie zum Fressen an ihrem Fressplatz angebunden hatten, weil sie ständig die Futternäpfe der anderen Hunde inspizieren wollte, war sie alles andere als begeistert.

Mina hat so eine enge Bindung zu uns aufgebaut, als ob sie schon als Welpe zu uns gekommen wäre.

Sie lehrte uns wie kein Hund zuvor, Geduld zu haben und auf die Persönlichkeit eines Hundes Rücksicht zu nehmen.

Mit Freude hörten wir vom 1. Lagotto Romagnolo Club Deutschland und nahmen begeistert am Herbstwandertag Nord teil, um danach in den Club einzutreten.

Mina konnte nun endlich nicht mehr als plumper Pudel, sondern als Lagotto unter ihresgleichen laufen.      

Bei dem einen Lagotto  ist es natürlich nicht geblieben und als wir den dritten Lagotto zu uns nahmen, kündigte man uns im Pudelclub kurzerhand die Mitgliedschaft.

Wie Mina zu ihrem Tino kam, kann man auf Tinos Seite erfahren.

Malta im Tierheim kastriert wurde, hatte sie von Anfang an Probleme mit ihrem Gewicht. Jeder der ihr liebevoll zugedachten Kekse setzte sich bei ihr fest und so hatten wir im Handumdrehen einen kleinen „Wonneproppen“, den wir mühevoll wieder auf Normalgewicht bringen mussten.